Kanaren – Kap Verden und zurück
Hallo,
fast vier Monate ist es her, dass wir uns gemeldet haben Nun soll es aber einen neuen Bericht geben.
Zunaechst aber, wie immer, all jenen ein grosses Dankeschoen, die uns geschrieben haben und noch keine individuelle Antwort erhielten. Wir freuen uns immer ueber jede Nachricht oder jeden Reisebericht. Dann begruessen wir diejenigen, die neu in unserer Empfaengerliste sind. Wir freuen uns, dass wir Euch kennen gelernt haben.
In der Zeit, die wir in Kiel waren, (bis 21.1.09) haben wir uns ein paar Tage in Berlin und in Rheinland Pfalz aufgehalten, wo wir Freunde besucht und vor allem auch ein bisschen Kultur getankt haben.
In Las Palmas fanden wir die Stella wohlbehalten vor, dennoch lag ein strammes Arbeitsprogramm vor uns, weil eine Woche nach uns (28.1.) schon Benno aus Kiel kam, der fuenf Wochen Zeit hatte, mit uns zu den Kap Verden und zurueck zu segeln.
Nach einem Uebungsschlag vor Las Palmas segelten wir am 31. 1. nach La Gomera, um dort noch einmal frische Lebensmittel einzukaufen und einige Gepaeckstuecke mit unseren warmen Wintersachen bei einem befreundeten Segelmacher unterzustellen.
Am 3. Februar ging dann die Reise zu den ca 800 sm von Gomera entfernten Kap Verden los. Es sollte eigentlich eine schnelle Reise werden, denn bei dem vorherrschenden NE-Wind lag der Kurs raumschots bis achterlich. Ausserdem sollte der Kanarenstrom mit 0,5 bis 1,5 Knoten helfen.
Erst nach mehr als drei Tagen hatten wir den ersten NE-Wind. Bis dahin machten uns SW-, WSW- W- und WNW- Winde das Leben ein wenig schwer. Da der Wind gegen den Strom stand bescherte er uns bei Windstaerken von fuenf bis sieben Bft auch noch eine raue See. Als wir W mit sieben Bft hatten, drehten wir fuer ca. 14 Stunden bei. Neben dem Wind war es vor allem der ruppige Seegang, der uns zu schaffen machte.
Danach kam dann der NE-Wind, zunaechst mit 6 bis 7 Bft, nur die letzten zwei Tage vor Mindelo hatten wir einen handigen Passat mit richtig warmem Wetter. Segeln in den Tropen wie wir es erwartet hatten (Mindelo liegt auf ca 17 Grad Nord).
Mindelo hatte sich seit dem Jahr 2000, in dem wir erstmals dort gewesen sind, sehr veraendert. Es gibt dort seit kurzem eine richtige Marina mit Schwimmstegen und wifi. Der Ort bietet einige brauchbare Geschaefte und gute Maerkte (Gemuese- und Fischmarkt), und den Clube Nautico, eine oeffentliche Kneipe dicht an der Marina, in der man gut essen konnte. Gelegentlich gab es auch Live-Musik. Hier entdeckten wir eines Abends, dass an einem grossen Tisch auch deutsch gesprochen wurde. Wir sprachen die vorwiegend jungen Leute an, die uns gleich fragten, woher wir kaemen. Unser kurzes „aus Kiel“ fuehrte zu einem Freudengebruell. Es waren Besatzungsmitglieder und Doktoranden und Diplomanten mit ihrem Wissenschaftlichen Fahrleiter vom Kieler Forschungsinstitut Geomar, die mit dem Kieler Forschungsschiff Poseidon unterwegs waren, um vorwiegend einzeln im Ozean verstreute „Seamountains“ zu untersuchen. Der Fahrleiter, ein Experte fuer Vulkanismus hat uns viel Neues ueber die aktuellen Forschungen auf dem Gebiet erzaehlt, auch vieles ueber die geologische Geschichte des Mittelmeeres, das ja unser naechstes Ziel ist. Es war ein unglaublich interessanter und genussvoller Abend, der erst morgens um drei Uhr auf der Stella endete.
Wir blieben zunaechst laenger als geplant in Mindelo, weil der Passat mal wieder aus voller Lunge blies. Wir und Benno fuerchteten, wegen dieser Verzoegerung nicht viel von den anderen Inseln zu sehen zu bekommen. Benno beschloss daher, sich zusaetzlich einen Flug von den Kap Verden nach Gran Canaria zu leisten, so dass wir fast zweieinhalb Wochen laenger auf den Kap Verden Zeit hatten.
Als der Wind auf sechs Bft abnahm, liefen wir aus, um die ca. 60 sm entfernte Insel Sao Nicolao zu besuchen, die wir um Mitternacht erreichten. Wir blieben dort vier Tage, machten interessante Ausfluege, besuchten u.a. den Nationalpark Monte Gordo, der den Gipfel eines hohen Vulkans umfasst, der von dichtem Regen-Nebelwald bedeckt ist. Wir stapften bei ordentlich viel Wind durch Wolken und Regen. Betreut wurden wir hier von Henny, dem TO-Stuetzpunktleiter, der eine kleine Pension betreibt und bei dem man auf Bestellung hervorragend essen kann. An Wolfgangs Geburtstag verwoehnte er uns mit einem Vier-Gang-Menue.
Dann ging es zurueck nach Mindelo. Der Karneval stand vor der Tuer und in Mindelo sollte der groesste Umzug sein. Wir waren voellig ueberrrascht von der Groesse, der Buntheit und der Schoenheit der Kostueme und der grossen Wagen. Das hatten wir nicht erwartet. Zwischen den Wagen gab es immer wieder Tanzgruppen, die stundenlang tanzend im Zug durch die Stadt zogen, vorwiegend begleitet von Trommlergruppen, die bis zu zwanzig Personen umfassten. Sie spielten mit unglaublicher Praezision. Der Leader konnte sie auch an aktuelle Situationen angepasst spielen lassen. Es war wirklich begeisternd.
Nun stand unser Ausflug zu zwei der suedlichen Inseln (Brava und Fogo) bevor. Wir liefen zu einem Over-Night-Toern aus (130 sm lagen vor uns).
Diesmal hatten wir einen wunderbaren Passat-Toern nach Brava, leichte Winde und wir hatten erstmalig nach langer Zeit Vollzeug stehen. In Furna (an der Ostkueste von Brava) war der Hafen nahezu ohne Schwell und ohne Fallboeen. Furna selbst hat viele Ruinen, aber gleichzeitig entstehen viele praechtige Neubauten. Die Neubauten sollen vor allem von Kap Verdianern, die im Ausland leben, errichtet werden. Wir haben ausserdem gehoert, dass auf Brava haeufig Erdbeben sind, vielleicht sind die Ruinen auch durch diese Erdbeben entstanden.
Am Tag nach unserer Ankunft sind wir mit einem privat gemieteten Aluguer (offener Pickup mit zwei Baenken hinten drauf, uebliche Busverbindungen auf den Kap Verden) ueber Nova Sintra ( Hauptstadt von Brava, auf einem Hochplateau inmitten der Insel gelegen) nach Faja d’Agua (Westkueste) und zurueck gefahren. Nova Sintra war eine totale Ueberraschung, so gruen, so voller Blumen, so ein schoener Ort in dieser oft so trockenen Gegend. In Faja sahen wir zwei Segelboote auslaufen und haben uns anschliessend gefragt, wie die Segler wohl an Land gekommen sein moegen. Die Bucht voller Schwell, nur in einer kleinen letzten Ecke war es etwas ruhiger, aber auch dort relativ hohe Brandung am Strand. Mit einem Schlauchboot waere es nach unserer Ansicht kaum moeglich gewesen, dort zu landen. Spaeter in Mindelo haben wir erfahren, dass im Januar und Februar in Faja immer Schwell steht und wenn die Fischerboote auf der Strasse und nicht unten am Strand sind, soll man keine Landung versuchen. Alle Boote lagen oben auf der Strasse. Unsere Einschaetzung war also richtig.
Nachmittags sind wir dann noch nach Fogo ausgelaufen, etwa 10 sm hoch am Wind. Anfangs lief es gut, dann nahm der Wind zu und wurde heftig. Wir waren schon gleich mit unserer „Normalbesegelung“ ausgelaufen, Genua 3 (16 qm, und zwei Reffs im Gross). Dies war auf den letzten Meilen zuviel, wir mussten das Gross vollstaendig bergen.
An der Westkueste von Fogo ist eine Zone der Windverstaerkung, die sich immer nachmittags, wahrscheinlich durch Thermik, deutlich verstaerkt, wir haben sie voll zu spueren bekommen.
Der Hafen von Fogo liegt etwa vier km noerdlich von Sao Filipe (Hauptstadt von Fogo) „in the middle of nowhere“. Also immer mit einem Taxi oder einem Aluguer rein nach Sao Filipe. Im Hafen treiben sich einige „Dienstleister“ herum, die fuer geringste ungebetene Dienste viel Geld verlangen. Man zahlt aus Sorge, dass sonst in Abwesenheit etwas mit dem Boot oder dem Dingi passieren koennte. Die uebrigen Menschen im Hafen und auf der Insel sind sehr freundlich.
Im Hafen waren viele kleine Fischerboote, die oft in Gemeinschaftsaktionen (drei oder vier Boote) mit einem grossen runden Netz fischten. Dass Netz wurde unten zugezogen und dann wurde es in die Boote geholt. Ziel der Aktion waren Fischschwaerme von heringsgrossen Fischen. Sie waren recht erfolgreich. In Mindelo haben wir welche gekauft und in die Pfanne getan, sehr schmackhaft
Die Insel ist fast rund und wird beherrscht von einer riesigen Caldera mit einem an der westlichen Seite sitzenden neueren Vulkan, der hoechsten Erhebung der Insel. Wir haben fuer eine Inselrundfahrt mit Abstecher in die Caldera einen Aluguer gemietet mit zusaetzlich einem Fuehrer, der mit uns eine einstuendige Wanderung im Krater machen wollte. Als es soweit war, erklaerte er, dies wuerde weitere zwanzig Euro pro Person Eintritt in den Nationalpark kosten, obwohl er vorher erklaert hatte, dass mit dem vereinbarten Preis alle Kosten gedeckt seien. Also, wir sind richtig abgezockt worden, und das, obwohl Benno fliessend Portugiesisch spricht und es keine Verstaendigungsprobleme gab. Nun ja, das passiert schon mal. Wir haben natuerlich auf den teuren Spaziergang verzichtet.
Nun zu Fogo. Sao Filipe, die Hauptstadt ist geschaeftig, hat Internetlaeden, kleine Supermaerkte und einen schoenen Markt. Hotels und brauchbare Restaurants gibt es auch.
An dem oben beschriebenen Vulkan hat es in den letzten 60 Jahren aus Nebenkratern zwei starke Ausbrueche gegeben (1951 und 1995). Bei dem Ausbruch von 1951 ist die Lava auch in grossem Mass zum Meer hin geflossen, waehrend sich 1995 der Lavastrom vorwiegend in die Caldera ergoss. Durch diese neue noch voellig unverwitterte Lava ist wieder eine Strasse gebaut, so dass die dahinter liegenden Doerfer erreichbar sind. Der Lavastrom hat grosse Teile der Weinberge im Krater zerstoert. An einigen Stellen, wo es wohl vorwiegend Asche gegeben hat, schauten einige Weinstoecke heraus, die von einheimischen gepflegt wurden.
Die Fahrt durch die Caldera und die urtuemliche Lavalandschaft zu einem kleinen Dorf war schon etwas Besonderes. Danach ging es weiter um die Insel. Teilweise durch intensiv genutztes „Gartenland“ mit viel Bewaesserung, selbst Katoffelfelder wurden bewaessert.
Die Aussenhaenge der Caldera sind mit Bohnenstraeuchern (vermutlich wild) bewachsen, die teils noch bluehten, teils aber schon reife Fruechte trugen. An vielen Stellen sahen wir Frauen mit Saecken, die Bohnen von den Straeuchern ernteten. Auch kamen von den Haengen Maenner herunter, die grosse Buendel trockenes Gras (eine Art Heu, so schien es) auf dem Kopf nicht nur zur Strasse trugen sondern dann auch auf der Strasse unterwegs waren. Insgesamt doch eine grosse Armut oder ein Leben an der Existenzgrenze.
In fast allen Orten, wie in Furna, viele Ruinen und gleichzeitig eine rege Bautaetigkeit.
Ich moechte kurz auf das Wetter eingehen, das uns fuer die Breite, auf denen die Kap Verden liegen, oft zu kalt erschien. Wir haben mit vielen Einheimischen gesprochen, Europaern und Afrikanern, alle klagten sie einstimmig ueber diesen kalten und windigen Winter, der vor allem auch ueber so lange Zeit von diesem scheusslichen Wetter beherrscht wurde.
Von dem windigen Wetter haben wir dann eine Kostprobe auf der Rueckfahrt nach Mindelo erhalten. Wir sind noch mit „Normalbesegelung“ ausgelaufen, sehr frueh, um die Windverstaerkung durch Thermik nicht noch einmal zu erleben, liefen mit einem Schrick in der Schot optimalen Kurs bei fuenf bis sechs Knoten Fahrt, also voraussichtlich eine schnelle Reise. Dann nahm der Wind zu, der Seegang wurde zunehmend heftig, der Wind drehte noerdlicher, wir konnten nicht mehr anliegen. Zunaechst drehten wir bei, in der Hoffnung, der Spuk sei nach wenigen Stunden vorbei. Wir schaetzten, dass wir bis zu 40 Knoten Wind hatten, vielleicht auch zeitweise mehr. Vielleicht war eraber auch so unangenehm, weil wir neben der Windsee auch noch einen grossen Schwell von Norden hatten. Als es handiger wurde, sind wir zunaechst mit Sturmfock (7 qm) und drittem Reff weiter gesegelt, spaeter kehrten wir zur Genua drei und zweitem Reff zurueck. Nach 55 Stunden und 130 sm erreichten wir Mindelo, das wir erst 5 Meilen vor der Kueste sehen konnten, eine so schlechte Sicht hatten wir dort noch nicht erlebt. Wenige Stunden nach erreichen von Mindelo war der Wind weg. Dennoch haben wir am Tag unserer Ankunft uns nach einer schoenen Tasse Kaffee nur mit einigen Aufraeumarbeiten beschaeftigt. Der naechste Tag war dann dem „Wundenlecken“ gewidmet, d.h. wir haben Segel getrocknet, das Schiff und das Oelzeug entsalzt, die durch Wasserschlag verbogene Relingsstuetze wieder gerichtet, das zerrissene Netz an Backbord auf dem Vorschiff erneuert und einige Takelarbeiten gemacht. Sonst ist nichts kaputt gegangen, die aus ihrer Halterung gefallene Petroleumlampe war zum Glueck heil geblieben. Ein Fender, der uns abhanden gekommen war, konnte auch durch einen Neuen ersetzt werden.
Danach genossen wir hier das inzwischen wieder warme Wetter, die Sonne und den Sonntag.
Benno flog planmaessig nach Hause, danach bereiteten wir uns auf den vor uns liegenden Toern vor (800 sm bis Gomera, 900 bis Las Palmas), direkt nach NE, der vorherrschenden Windrichtung.
Nach zwoelf Tagen und sechs Stunden sind wir dann noch bei Tageslicht in San Sebastian angekommen. Unser Reiseverlauf: zunaechst vier Tage bei NW oder W-Wind, also direkten Kurs zu den Kanaren, mit kleinen Etmalen, da uns der Kanarenstrom mit 1 bis 1,5 Knoten entgegen lief. Danach fuenf Tage kreuzen bei NE, wobei durch den nach SW setzenden Strom der Winkel zwischen den Kreuschlaegen 130 bis 150 Grad betrug, etwas deprimierend. Die Windrichtung liess uns einen langen Schlag nach NW machen, wir kamen aus dem Strom heraus, konnten fast N laufen. Wir spekulierten auf einen NW, den es auf der Breite der Kanaren um diese Jahreszeit oefter gibt. Nach fuenf Tagen kam der NW, der dann schwaecher wurde, so dass Gottlieb, der Motor, helfen musste. Ein angekuendigter NE oder E kam nicht, wir hatten immer noch NW oder Flaute als wir Gomera erreichten. Der Wind war nie heftig, nicht ueber 5 bis 6 Bft, meistens nur 3 bis 4 Bft. Wir hatten also eine gemuetliche Reise. Nach einem Ruhetag, an dem wir unsere Sachen vom Segelmacher abholten, unsere neue Sprayhood noch etwas verbessern und eine kleine Schweissarbeit machen liessen, frische Lebensmittel einkauften und am Abend mit befreundeten Yachties essen gingen, liefen wir am naechsten Tag nach Las Palmas aus, da noch zwei Tage N bis NW-Wind angekuendigt waren, ein Gluecksfall fuer den Kurs von Gomera nach La Palmas. Nach zweiundzwanzig Stunden machten wir morgens in Las Palmas fest, wo wir noch sind.
Der Ausflug zu den Kap Verden war wunderbar, auch wenn wir teilweise viel Wind hatten und der Rueckweg ein wenig muehselig ist, was wir aber wussten. Wir koennen nur allen, die den Winter auf den Kanaren verbringen und nicht weiter nach Sueden wollen, diesen Ausflug (ca. 2000 sm) empfehlen.
Wir bereiten jetzt die Stella auf den Toern in das Mittelmeer vor. In spaetestens zwei Wochen soll es losgehen. Wir wollen versuchen, bis Mitte Juni die westlichsten griechischen Inseln zu erreichen, um dann zur Kieler Woche fuer ca. drei Wochen nach Kiel zu kommen.
Jetzt wuenschen wir Euch schoene Ostertage und dann eine herrliche Segelsaison mit passenden Winden. Denjenigen, die schon jetzt in warmen Gefilden segeln, immer fair winds.
Liebe Gruesse an Euch alle
Inge und Wolfgang von der Stella Maris
Hallo zusammen, ein sehr schöner Reisebericht mit tollen Fotos, ihr seid einfach zu beneiden. Wir werden nächstes Jahr so eine ähnliche Tour machen, planen gerade unsere Reise. viele Grüße