Kap Verden – Griechenland
Hallo,
fast zweieinhalb Monate ist es her, seid wir uns das letzte Mal gemeldet haben.
Wie damals angekündigt, sind wir von Griechenland zur Kieler Woche nach Hause geflogen und haben ein bisschen das bunte Leben, das internationale Flair und die Windjammerparade genossen. Ja und nach ca 43 Jahren wiederholte sich ein altes Erlebnis fuer mich (Inge)! Beim Anlegen (wir sind mit einem guten Freund zur Windjammerparade hinausgefahren) bin ich ins Wasser gefallen. Es war ueberraschend warm!
Bevor es nun mit dem Bericht beginnt, aber wie immer, all jenen ein grosses Dankeschoen, die uns geschrieben haben und noch keine individuelle Antwort erhielten. Wir freuen uns immer ueber jede Nachricht oder jeden Reisebericht. Dann begruessen wir diejenigen, die neu in unserer Empfaengerliste sind. Wir freuen uns, dass wir Euch kennen gelernt haben.
Nun aber zu unseren Segelerlebnissen mit der Stella.
Am 26. April war es so weit, wir hatten die Stella seeklar gemacht und mit Lebensmitteln ausgeruestet. So konnten wir Richtung Gibraltar auslaufen. Wie zu erwarten war, kam der Wind direkt von vorn, so kreuzten wir tapfer und kamen nach 4 Tagen (nur 300 sm) bei Porto Santo an, einer kleinen Insel etwas noerdlich von Madeira. Hier waren wir bereits 1995 gewesen und haben diese kleine, trockene Insel in unser Herz geschlossen. So goennten wir uns eine Pause, riefen Dieter Homeier, den TO-Stuetzpunktleiter und Technischen Berater des Palstek an, den wir auch schon 1995 kennen gelernt hatten. Dieter besuchte uns und wir verschnackten einen langen Nachmittag auf der Stella.
Wie fast ueberall, ist die Marina auch auf Porto Santo groesser geworden und die Bilder der Yachten an der Kaimauer wurden zahlreicher. Wir fanden die Bilder vieler alter Freunde, und schickten ihnen Fotos soweit wir die email-Anschriften hatten.
Der Wetterbericht verhiess nichts Gutes, so dass wir laenger als beabsichtigt blieben und mit einigen Seglern neue Bekanntschaft schlossen.
Am 4. Mai machten wir uns wieder auf den Weg nach Gibraltar. Es lagen noch knapp 600 sm vor uns.
Am 11. Mai war es dann so weit, wir liefen abends mit passender Tide in Gibraltar ein. Der Wind hatte zunaechst seine vorherrschende Richtung (NE) beibehalten, so dass wir wieder fuerchteten, die ganze Strecke kreuzen zu muessen und, als er dann auf halbem Weg nach Gibraltar auch noch heftig wurde, drehten wir bei. Dann aber drehte der Wind auf NW und wir konnten unser Ziel direkt anlaufen. Da er teilweise sehr flau war, dauerte es doch noch insgesamt 7 Tage bis wir in Gibraltar fest machen konnten. Zu unserer Enttaeuschung wollte keine der beiden Marinas uns aufnehmen. Da es frueh im Jahr war, hatten wir gehofft, ohne Schwierigkeiten einen Platz zu bekommen, aber Gibraltar wird von fast allen Yachten, ob sie nun von Ost oder West kommen, angelaufen. Wir mussten also die Nacht auf dem zu Spanien gehoerenden Ankerplatz La Linea verbringen. Am folgenden Tag ergatterten wir einen Platz in der Queensway Quay Marina.
Vier Tage blieben wir in Gibraltar. In der Zeit kamen Wolfgangs Bruder und dessen Frau fuer einen Tag auf Besuch, da sie in der Naehe von Malaga gerade Urlaub machten. Gemeinsam bewunderten wir der Natur- und „Baudenkmaeler reiche Pracht“ in Gibraltar, wobei es sich vorwiegend um die alten Befestigungsanlagen handelte.
Als wir dann wieder segelten, bescherte uns das Seegebiet Alboran einen prachtvollen Westwind. Nur mit der kleinen Genua (16 qm) lief die Stella zeitweise fast 7 Knoten. Dabei gab es anfangs fast keinen Seegang, es war wirklich unvergessliches Segeln. Diese Freude hielt aber nur etwa zehn Stunden, dann nahm der Wind ab und erreichte bald die Windstaerken null bis zwei, die uns in den naechsten Tagen erhalten bleiben sollten.
Als uebrigens zuvor der Entschluss gefallen war, nicht nach Brasilien zu segeln, hatten wir auch den zusaetzlichen Dieselvorrat (in Kanistern an Deck) reduziert. Wir glaubten, nicht mehr so lange Strecken ohne Hafen vor uns zu haben. Dies raechte, sich nun, als wir das im Fruehjahr regelmaessig windarme westliche Mittelmeer schnell hinter uns haben wollten.
Als der Wind nach den ersten zehn Stunden im Mittelmeer wegblieb, zeigte eine kurze Ueberlegung, dass unsere Dieselvorraete uns keinesfalls sicher bis Sardinien bringen wuerden. Wir richteten daher den Kurs nach Formentera (der geringste Umweg), um dort nachzutanken. Nach dreieinhalb Tagen hatten wir diese uns wenig einladend erscheinende Insel erreicht.
Auf dem Rueckweg aus dem Mittelmeer nach Hause haben wir vor, uns auch im westlichen Teil etwas gruendlicher umzusehen. Aber sicher ist, dass wir Formentera kein zweites Mal anlaufen werden. Die Insel ist ziemlich flach, nur ein ganz klein wenig huegelig und bietet den Augen keine Reize, die Orte sind unglaublich verschlafen. Wir fragen uns, was die Touristen, die wir mit den Faehren ankommen sahen, dort wohl anstellen werden?
So sind wir dann auch nach zwei Tagen wieder ausgelaufen, wiederum Cagliari als Ziel. Wir waren gespannt, ob wir diesmal hinkommen wuerden, denn rund 320 sm lagen vor uns.
Der Deutsche Wetterdienst, dessen detaillierten Wetterbericht fuer das Mittelmeer wir ueber Telex gut empfangen konnten, brachte in der Wetterlage: im westlichen Mittelmeer keine Druckunterschiede. Gottlieb (unser Motor) musste uns wieder gute Dienste leisten, aber nach drei Tagen hatten wir den Eindruck, dass uns am Ende vielleicht doch einige Meilen bis Cagliari im Tank fehlen koennten. Wir liefen den naechstgelegenen Hafen auf Sardienien an, Carloforte auf der Sardinien vorgelagerten Insel San Pietro, den uns auch schon ein finnischer Segler empfohlen hatte. Er hatte dort wegen Starkwind Schutz gesucht.
Carloforte ist ein wirklich huebsches kleines Staedtchen, heutzutage stark vom Toerismus gepraegt. Es hat aber eine sehr besondere Geschichte. Die Einwohner von San Pietro sind keine Sarden, sondern Italiener aus der Gegend von Genua. Sie lebten als Fischer auf der Insel Tabarka vor der nordafrikanischen Kueste. Wegen staendiger Ueberfaelle durch tunesische Piraten wurden sie im 18. Jahrhundert auf das fast menschenleere San Pietro umgesiedelt. Etwa fuefzig Jahre danach wurde die gesamte Bevoelkerung von tunesischen Piraten entfuehrt und musste von der Regierung gegen viel Loesegeld freigekauft werden. Wir tankten ein wenig (der Diesel musste mit unserer Karre von einer Landtankstelle geholt werden) und machten uns nach 11 Stunden am spaeten Nachmittag auf den Weg nach Cagliari, wo wir am naechsten Morgen ankamen.
In Cagliari blieben wir zwei Tage, sahen uns ein wenig in der schoenen Stadt um und buchten unsere Fluege von Preveza (Griechenland) nach Kiel. Wir glaubten, jetzt abschaetzen zu koennen, wie unser Zeitplan sich entwickeln wuerde. Auch hier waeren wir gerne laenger geblieben, aber es sollte weiterhin westliche Winde geben. So liefen wir am 28.5 am spaeten Vormittag froehlich von Cagliari aus. Als ca. dreissig Meilen hinter uns lagen, bemerkte Wolfgang trocken: wir haben vergessen zu tanken! Und das im oft flauen westlichen Mittelmeer. Vor uns lagen eigentlich noch etwa 250 sm bis Milazzo. Die Inventur der Treibstoffvorraete ergab knapp siebzig Liter einschliesslich fuenf Liter Benzin ohne jedoch fuenf Liter Petroleum. Ein Blick auf die Seekarte zeigte, dass wir die NW-Ecke von Sizilien erreichen koennten, wenn uns fuer mindestens dreissig Meilen Wind beschert wuerde. Wir hatten gerade etwas Wind und beteten zu allen Goettern der Meere und der Winde, uns diese Gunst laenger zu gewaehren und segelten weiter. Bald war es nichts mehr mit dem Wind, nach einigen Stunden bei 1,5 bis 2 Knoten und quaelender Arbeit an der Pinne gaben wir auf und starteten die Maschine. Nach vier Stunden stand ein kleiner Nordwind auf, der uns sechzig Meilen weit segeln liess. Als dann wieder Flaute herrschte, motorten wir mit sicherem Dieselvorrat nach San Vito lo Capo, (wo wir morgens ankamen) einem Ferienort mit intensivem Strandleben und einer teuren und miesen Marina. Einen Tag spaeter, am 1.Juni haetten wir pro Tag 50 Euro zu zahlen ohne Duschen und Toiletten, ohne wifi und ohne Unterstuetzung beim Anlegen (Mooringlines). Auch die Nachbarn, die in ihren Cockpits sassen (Einheimische) gruessten weder noch fassten sie zu oder reichten eine Mooringleine an. Da noch gerade Mai war, kostete es nur die Haelfte. Nach ca. elf Stunden liefen wir wieder aus, um in einem Nachttoern Milazzo zu erreichen, wo wir so starten wollten, dass wir in der Strasse von Messina den nach Sueden setzenden Strom erreichten.
Milazzo erreichten wir am folgenden Abend, einem Sonntag. Die Seepromenade war voller Leben, viele Fussgaenger flanierten dort entlang, die Restaurants waren voll besetzt und auf der Strasse fuhren Autos und Motorraeder/Roller langsam Stossstange an Stossstange. Wir sind dort Essen gegangen und haben die gute Sizilianische Kueche genossen.
Am naechsten Vormittag liefen wir erneut aus, duempelten vor der Nordostspitze Siziliens noch ein Stuendchen herum, um den mitlaufenden Strom zu erwischen und richteten dann den Kurs in die Strasse von Messina. Anfangs lief es gut mit mehr als fuenf Knoten bei Gegenwind. Dann nahm der SW zu und wurde heftig und wir machten nur noch knapp drei Knoten ueber Grund. Wo war der mitsetzende Strom geblieben? Wir ueberprueften die Tidenangaben und unsere Berechnungen. Es stimmte alles. Abends hatten wir Reggio di Calabria erreicht, der erste brauchbare Hafen in der Messinastrasse, wenn man von Norden kommt. Vor dem Hafen kamen laufend Loeschflugzeuge auf das Wasser herunter, um sich mit Loeschwasser vollzusaugen und dann zum Brandherd irgendwo im Hinterland abzudrehen.
Wir blieben eine Nacht. Im Hafen lag eine unter Deutscher Flagge fahrende ca. 18 m Lange Motoryacht. Ein Crewmitglied erzaehlte uns, dass ein anderer der Crew in seiner Wache das Boot am Eingang der Messinastrasse nachts in ein im Durchmesser etwa 25 m grosses Fischzuchtnetz mit Schwung hinein gefahren habe. Sie haben dort fuenf Tage drin gesessen, bis die Schwimmer der Netze untergingen und sie mit leicht beschaedigten Schrauben die Fahrt nach Reggio di Calabria fortsetzen konnten. Die Schadensersatzansprueche des Fischzuechters sollen unglaublich hoch gewesen sein. Die Mannschaft wurde von einem Vertreter ihrer Versicherung unterstuetzt und es wurde ihnen empfohlen, am naechsten Tag Italien so schnell wie moeglich zu verlassen, um einer Beschlagnahme ihres Schiffes zu entgehen.
Wir liefen am naechsten Morgen deutlich fueher aus als sie. Spaeter ueberholte uns eine grosse Motoryacht. Vielleicht waren sie es.
Vor uns lagen 260 sm bis Preveza, unserem Zielhafen. Es wehte ein leichter Nordwind so dass wir entlang der Kueste traumhaft schoenes Segeln nach Sueden hatten. Als wir um die Ecke nach Osten bogen an der Zehspitze des Stiefels, kamen wir ein wenig in die Windabdeckung, es wurde flau und abends blieb der Wind wieder ganz weg. Am naechsten Vormittag stand der Maestrale, der hier im ionischen Meer vorherrschende Nordwestwind, wieder auf und wir konnten den ganzen Tag segeln. Dann das gleiche Spiel, tags Wind, nachts Flaute. Waeren wir dann in der dritten Nacht wieder motort, waeren wir irgendwann gegen zwei Uhr bei totaler Dunkelheit in Preveza angekommen. So beschlossen wir, so lange zu segeln, dass wir erst bei Tageslicht ankommen wuerden. Es war aber mal wieder sehr muehselig. Kasimir, die Windsteueranlage, hielt die Stella nicht mehr auf Kurs und fuer James, die elektrische Selbststeueranlage fehlte der Strom. So sassen wir viele Stunden an der Pinne bis es Zeit war, den Motor zu starten. Mit 3,5 Knoten legten wir die letzten Meilen zurueck. Gegen sechs wurde ich (Inge) von Stimmen geweckt. Wir hatten die Ansteuerungstonne von Preveza erreicht und wurden von einer auslaufenden schwedischen Yacht begruesst. Es stellte sich heraus, dass es die Li war, mit der wir 2001 in New York und in der Chesapaeke Bay und dann zum letzten mal in Savusavu (Fifji) zusammengetroffen waren. Leider war dies der einzige Kontakt. Wir liefen Preveza an (5. Juni), klarierten nach Griechenland ein und verholten auf die andere Seite der Bucht nach Aktio, wo es eine gute Marina und drei Unternehmen gibt, bei denen man an Land stehen kann. Wir waren so rechtzeitig in Preveza angekommen, um vor unserem Flug am 16.Juni nach Kiel die vorgesehenen Ueberholungsarbeiten durchzufuehren.
Wir verabredeten, am 9. Juni an Land zu gehen. Zuvor war das griechische Pfingstfest, wodurch wir so lange warten mussten. An Land begannen wir mit den Ueberholungsarbeiten. Es waren einige kleinere Farbschaeden am Unterwasserschiff zu sanieren und dann vor allem war neues Gift zu malen. Die Stella war seid dem letzten Anstrich in Kiel vierzehn Monate im Wasser und war etwa achttausend Meilen gesegelt. Wolfgang hatte einige technische Probleme zu loesen. Zwei davon warten noch auf uns, (Ersatzteile und spezielles Werkzeug) wenn wir am 14.Juli zurueckfliegen
Am 26 . Juli wollen wir dann in Aegina sein, einer Insel vor Athen, um Freunde fuer vier Wochen Segelei in der Aegaeis an Bord zu nehmen. Bis Aegina sind es von Preveza ca 200 sm, wenn man durch den Kanal von Korinth faehrt. Um den Pelepones herum waere es deutlich weiter.
Den Rest der Segelsaison (voraussichtlich bis Mitte November) wollen wir in Griechischen und Tuerkischen Gewaessern verbringen, um anschliessend im Winter in Kiel zu sein. Spaetestens dann wollen wir wieder von uns hoeren lassen.
Liebe Gruesse
Inge und Wolfgang von der Stella Maris
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