Die Stella ist eine inzwischen 46 Jahre alte Stahlslup, die auf einer holländischen Werft gebaut wurde. Deck und Kajüte sind aus Holz. Sie ist knapp 10 m lang, 2,5 m breit, hat einen Tiefgang von gut 1,9 m und wir glauben, daß sie inzwischen voll ausgerüstet etwa 8 Tonnen wiegt
Was zuvor geschah: Nach einer Atlantik-Passage Ende 2000 , Segeln in der Karibik und einer Fahrt an der Ost-Küste der USA nach Maine und zurück (Sommer 2001) liefen wir via Bahamas und Jamaica nach Panama. Von dort flogen wir für 3 Wochen nach Kiel.Über den Törn, den wir nach Rückkehr begannen, soll jetzt berichtet werden.
Im März 2002 kehrten wir von Kiel nach Panama zur Marcus-Marina zurück. Wir machten unser Boot für den 8 Monatstörn durch den Pazifik fit, verholten nach Colon, und verproviantierten es dort so weit dies mödloch war (hier sind die Möglichkeiten und Wege bequemer als in Panama-City).
Einige Tage vor dem gewünschten Schleusungstermin meldeten wir uns bei der Kanalverwaltung und kamen einen Termin für die Bootsvermessung. Der Vermesser begutachtete die Dicke und Länge der vorgeschriebenen Leinen (ca 22 mm Durchmesser, Länge etwa 38 m) und besprach den Ablauf der Schleusung und maß noch die Länge des Bootes nach. Abends erhielten wir telefonisch den genauen Schleusungstermin (Datum und Uhrzeit für die Übernahme des Lotsen). Dann besorgten wir uns 3 zusätzliche Leinen, denn als Mannschaft sind neben dem Bootsführer und dem Lotsen weitere vier Personen zur Bedienung der Leinen vorgeschrieben. In der Regel helfen sich die Bootsmannschaften gegenseitig. Das ganze kostete im April 2002 550 US$ zuzüglich 900 US$ Kaution, die wir bar hinterlegen mußten, da Mastercard nicht akzeptiert wurde. Besitzer von Visa-Cards konnten manchmal die Kaution durch die Karte hinterlegen, klappte aber auch nicht bei allen, weil angeblich das Limit nicht ausreichte.
Vor unserem Schleusungstermin fuhr Wolfgang als Leinenhänder bei einem Engländer mit, so daß er in etwa wußte, was uns erwarten würde.
Wir gehörten zu den Glücklichen, die an dem Tag, der für die Passage vorgesehen war, auch geschleust wurden und auch den ganzen Kanal durchfahren konnten. Wie die meisten Yachten, erhielten wir einen frühen Termin. Am 10. April um 4.45 sollte der Lotse an Bord kommen. Unsere Leinenhänder kamen um 4.30 Uhr an Bord, der Lotse – ein sehr netter junger Mann von Anfang 30, der ausgezeichnet englisch sprach – kam um 6.00 Uhr. Doch dann ging es ohne große Verzögerungen durch den Kanal. In den ersten drei Schleusen, die zum Gatun-See führen (Schleusentreppe mit je 9 m Hub), lagen wir längsseits einer Yacht, die wiederum an einem Schlepper festgemacht hatte, der an der Schleusenwand lag. Vor uns in der Schleuse war ein Autotransporter, der die Schleusenbreite bis auf ca 50 cm auf jeder Seite voll ausnutzte. Nach ca 2 Stunden erreichten wir den Gatun-See, den wir mit ca 6,3 kn überquerten. Der See ist sehr schön, von vielen kleinen Inseln mit tropischer Vegetation durchsetzt. Die Haupt- und die Nebenfahrwasser, die von den Yachten zur Abkürzung benutzt werden, sind hervorragend betonnt. Gegen 12.00 Uhr erreichten wir die erste der drei Schleusen, die uns zum Pazifik hinunter führen sollten. Diesmal hatten wir eine andere Yacht mit uns, die am Tag zuvor gestartet aber nicht hinabgeschleust worden war. (Sie mußte eine Nacht im See ankern.) Wir gingen aneinander längsseits und machten in der Mitte der Schleusen ganz vorne fest. Jede der Yachten hatte 2 Leinen zu den Schleusenwänden. Die Verbindung zu den Schleusenwänden wird durch Wurfleinen von Land hergestellt. Der Autotransporter lag diesmal hinter uns. Alle Schleusen passierten wir ohne Probleme. Müde, aber sehr glücklich erreichten wir gegen 17.00 Uhr unseren Ankerplatz in der Flamenco Bay in Balboa.
Hier war es zwar ein wenig rollig von den vorbeikommenden Schiffen, die aus dem Kanal kamen oder hinein wollten, aber die Wassertemperatur war deutlich niediger (nur 23 Grad) als in der Karibik. Wir hatten daher nachts nur ca 25 Grad, was sehr angenehm war.
Wir blieben 8 Tage, in denen wir uns Panama-City ansahen, nochmal Wäsche waschen ließen, letzte Versorgungsgüter und vor allem kurz vor dem Auslaufen ausreichend Obst und Gemüse sehr billig auf einem großen Markt einkaufen konnten. Als besonders haltbar erwies sich Yams (Stärketräger), der wie Kartoffeln gekocht wird und auch so schmeckt. Teilweise bereitet die Verproviantierung Schwierigkeiten. Gerüchten zufolge gibt es bis Tahiti (ca drei Monate Reisezeit) nur geringe Versorgungsmöglichkeiten. Also, wieviel Toilettenpapier braucht man für 100 Tage für 2 Personen wenn dies gleichzeitig auch als Küchenpapier und für Arbeiten mit Schmierfett oder Farben verwendet wird? Ich weiß es immer noch nicht. Ich weiß nur, daß es viel weniger ist als ich dachte, denn wir haben jetzt in Australien immer noch Toilettenpapier aus Panama an Bord!
Am 18. April war alles gut vorbereitet, wir klarierten aus und liefen nach Contadora, einer der Perlas Inseln. Auf Contadora lebt Günter, der ein Funknetz auf Kurzwelle für alle deutschsprachigen Pazifik-Segler leitet. Er freut sich immer, wenn die Segler, die er von der Funkrunde kennt, auch persönlich bei ihm vorbeischauen. Daher ist ein Stopp auf Contadora fast ein Muß für jeden. Abends (außer Sonntags) ist Günter auf Frequenz, nimmt Standortmeldung und Wetter der eincheckenden Yachten entgegen, hat für jeden, der ein Problem hat, ein tröstendes und aufmunterndes Wort, fungiert als Relais-Station für Yachten, die sich untereinander nicht hören können. Wenn ein Mitsegler mit guter technischer meteorologischer Ausrüstung auf dem Netz ist, wird auch ein ausführlicher Wetterbericht übermittelt. Außerdem erhält man interessante Informationen über vorausliegende Ziele, so zum Beispiel über die aktuelle Ein- und Ausklarierungssituation auf Galapagos, Dieselpreise, Wäschewaschmöglichkeiten und touristischen Unternehmungsmöglichkeiten auf den einzelnen Inseln.Zusätzlich verabreden sich Yachten, die sich auf dem gleichen Streckenabschnitt befinden, meistens noch zu einer weiteren Funkrunde, um sich gegebenenfalls schnell Hilfe leisten zu können und auch um Erfolge und Mißerfolge z.B. beim Angeln auszutauschen.
Die Insel Contadora ist aber auch aus anderen Gründen interessant. Sie dient vielen reichen Panamesen als „Sommersitz“, hat unter anderem dem persischen Schah zeitweise als Exilwohnsitz gedient und ist durch eine jährlich wiederkehrende Konferenz mittelamerikanischer Ministerpräsidenten bekannt.
Nach einem Besuch bei Günther sind wir dann nach San Jose weitergesegelt, einer weiteren Perleninsel, auf der ein deutsches Seglerpaar lebt. Sie haben sich ein Häuschen geschaffen und vor allem einen großen Obstgarten angelegt. Wir haben hier noch einige neue tropische Pflanzen kennengelernt. Außerdem trafen wir hier auf weitere deutsche Yachten, mit denen wir dann am gleichen Tag Richtung Galapagos ausliefen.
Das Wetter war – noch mitten in den Doldrums oder Kalmen, sehr wechselhaft und teilweise auf kurze Distanzen auch unterschiedlich, so daß die “örtlichen” Wetterberichte ganz interessant waren. Wir hatten auf dem ersten Teil der Strecke viel Flaute, häufig Regenschauer (meist ohne Wind) 2 Tage Dauerregen, der zwischen eckligem Niesel über heftigen Regen bis zu tropischen Regengüssen wechselte. An diesen Tagen war es angenehm kühl, so daß man gegen Abend draußen auch mal ein Höschen anzog. Ansonsten trugen wir meistens nur unsere nackte Haut zu Markte. Arbeiten in der Kombüse und am Motor waren sehr schweißtreibend. Am meisten zu betütern war der Wassermacher, der in kurzer Zeit 2 Mal den Geist aufgab, das 2. Mal jedoch nachdem alle Wasservorräte aufgefüllt waren. So schoben wir eine Reparatur bis San Cristobal auf. In beiden Fällen trat der gleiche Fehler, Zerstörung eines O-Ringes, auf. Nach weiteren Reparaturen (die O-Ringe wurden langsam rar) fand Wolfgang die Ursache, die Reparatur wirkte und uns blieb der Wassermacher bis Australien treu. (Seit Tahiti ist aber Ersatz an Bord).
Am 28.4.02, 9.30 Ortszeit, (16.30 Uhr europäische Sommerzeit) lagen von den ursprünglich etwa 860 sm noch 350 sm vor uns. Ihr seht, unsere Etmale waren nicht besonders gut, auch die vielen Motorstunden brachten uns nicht schnell voran, da wir nur mit 4 Knoten liefen, um den Dieselverbrauch pro Meile niedrig zu halten. Eine Bilanz in dieser Nacht ergab, daß wir noch mindestens 64 sm segeln müßten, damit der Diesel bis in den Hafen reicht. Ab 27. 4 stand dann jedoch ein weitgehend stetiger Wind, der zwischen SE und S wechselte, durch. Wir kamen noch mit knapp 90 l Diesel in San Cristobal an, da wir die restliche Strecke fast ganz segeln konnten.
Vom Angelglück ist noch zu berichten. Wir haben das unsere nur einmal einen Tag erprobt und nichts gefangen, dennoch gab es vier Mal frischen Fisch. Ein mit uns segelnder Katamaran, der auch nicht weit von uns entfernt war, angelte gern und sehr erfolgreich. So erhielten wir (gegen grüne Bananen, die wir reichlich hatten) schon 2 mal Fisch, der für 4 Mahlzeiten reichte. Im übrigen reichten bis San Cristobal Eisbergsalat, Gurken und Tomaten. Für später hatten wir noch Möhren (ein Sack) und Weißkohl. Neben Bananen gab es noch einen Sack Orangen und 20 Pampelmusen, die allerding schon kräftig abgenommen hatten. Die Frischlebensmittel müssen täglich durchgesehen werden und sind nach dem Gefährdungsgrad der Verdärbnis zu verzehren.
Als sich der Zeitpunkt näherte, diskutierten wir die Äquatortaufe. Von den anderen hörten wir, daß Sekt kalt gestellt werden sollte. Wir entschlossen uns, Bonku-Bonku mit einem Rum zu begrüßen, wir wollten uns einen Planters Punch genehmigen. Am 30. April um 22.02 Uhr war es dann soweit. Auf 88°21‘ W überquerten wir den Äquator. Wir und Bonku-Bonku erhielten unseren Drink, wir hatten herrlichen Segelwind aus SE mit 2-3 Bft. Wir segelten übrigens mehr oder minder auf dem Großkreis, was Dank der Hilfe des GPS ganz ohne Arbeit zu machen ist.
Und dann, am 1. Mai 02 gingen wir nachmittags um 15.40 Panamazeit, 14.40 Ortszeit, vor San Cristobal (einer der vier bewohnten Galapagos-Inseln) vor Anker. Damit hatten wir etwa 10 % des großen Pazifik hinter uns gelassen und wir hatten den Äquator überquert! San Cristobal liegt auf etwa 00°45‘S!
Am 2. Mai begannen wir mit der Einklarierung. Von Herbert – einem auf San Cristobal lebenden österreichischen Amateurfunker – unterstützt, ging es zunächst zur Policia, um für 15 US$ je Person den Eingangsstempel in den Pass zu bekommen. (Der Ausreisestempel war dann später kostenlos.) Am Nachmittag ging es dann zur Capitania, um beim Hafenmeister unseren Obulus zu entrichten. Nach einer offensichtlich magischen Formel wurden die zu entrichtenden Beträge ermittelt. Wir waren mit 38 US$ dabei, andere zahlten deutlich mehr, in unserer Runde waren 92 US$ die Spitze. Nach der aktuellen gesetzlichen Lage konnte sich jede Mannschaft Yacht auf nur einer der Inseln bis zu 20 Tage aufhalten.
Mit Herbert machten wir (12 Yachties und Herbert) von 8.00 bis ca 13.30 einen Ausflug über die Insel. Die Männer saßen auf der Ladefläche des Pickup, wir Frauen (5) in der Doppelkabine. Wir fuhren zunächst zu einem Kratersee und passierten hierbei auf kurzer Strecke die 3 Vegetationszonen der Galapagos: relativ trockene Küstenebene, mittlere tropische landwirtschaftlich genutzte fruchtbare Zone (Bananen, Kaffee, Orangen, Guaven, eine leckere Pflaumensorte und anderes). Anschließend erreicht man die kühlere, häufig in den Wolken befindliche dritte Zone, die wiederum nicht landwirtschaftlich genutzt wird. Der Vulkan ist 720 m hoch.
Wir besuchten außerdem eine Aussichtsplattform mit herrlichem Blick über die Insel und die Buchten und fuhren dann an den Seelöwenstrand. Seelöwen sind etwas größer geratene Seehunde und heißen wohl Seelöwen wegen ihres heiseren Gebrülls. Zunächst begegneten wir jedoch den Seeleguanen, danach fanden wir auch einen beeindruckenden Seelöwen mit seinem Harem. Sowohl an die Leguane wie auch an die Seelöwen kamen wir bis auf einen Meter heran.
Seelöwen gibt es aber auch in unserer Ankerbucht. Wenn man das Dinghi nicht hochnimmt, wird es bald von einem oder mehreren Seelöwen zum sonnenbaden besetzt. An einem Strand an dieser Bucht soll man mit den Lieben auch schwimmen können. Den Schluß bildete ein Museumsbesuch, in dem die Evolution und die Besiedlungsgeschichte der Galapagos veranschaulicht wird.
Drei Tage verbrachten wir vorwiegend bastelnd an Bord. Die Elektrik hatte plötzlich eine Macke, konnte aber wieder gerichtet werden, der Wassermacher kam wieder in Ordnung, der Outborder liefwieder, Diesel war voll getankt, die Wäsche haben wir waschen lassen. Das Deck hatte kleine Lecks, die wir auch noch beseitigten.
Das Wetter war angenehm. Mittags wurde es zwar sehr warm, aber abends kühlte es ab, da durch den Humboldtstrom das Wasser kühl ist. Seelöwen und gelegentlich eine Schildkröte umschwammen das Schiff. Ich schreckte immer wieder zusammen, wenn ein Seelöwe plötzlich dicht neben dem Schiff brüllte. Unser Dinghi nahmen wir immer mit dem Fall bis zur Seereling hoch, damit die Biester es sich darin nicht gemütlich machen konnten. Sie liegen leider nicht nur so rum, sondern kacken auch immer heftig.
Wir sind dann eines nachmittags, nachdem wir bereits von Equador ausklariert hatten, aufgebrochen, um am nächsten Tag Isabela zu erreichen ( 80 sm).
Isabela ist eine der Galapagos-Inseln, die offiziel nicht angelaufen werden darf. Wir besuchten also, obwohl ausklariert, den Hafenmeister und erhielten für 10 Tage Aufenthaltsgenehmigung. Isabela bietet neben den obligaten Seelöwen auch Pinguine, Flamingos, Seeleguane und Riesenlandschildkröten.
Eine Attraktion besonderer Art ist ein großer Krater, der 1979 zuletzt viel schwarze Asche gespuckt hat, 1966 jedoch noch einen großen Ausbruch mit viel fließender Lava hatte. Dort hinauf kann man mit einheimischer Hilfe einen Ausflug unternehmen. Zunächst ging es auf der Ladefläche eines LKW etwa 1 Stunde bergauf. Danach auf Pferde umgestiegen. Es folgte mein erster Ausritt ! Wir ritten eine weitere Stunde bergauf, gut geleitet von einem einheimischen „Horseboy“. Wir begannen daraufhin eine Wanderung durch die Lavafelder (ca 45 Min) zu einem am Rand des Hauptkraters aufsitzenden Sekundärkrater. Die Lavafelder waren zum großen Teil von intensiver roter und rotbrauner Farbe, dazwischen auch schwarze Lavabänder, eingestürzte Lavatunnel gab es zahlreich. Eine grandiose und faszinierende Landschaft. Wir verfolgten den gleichen Weg zurück und kamen rechtschaffen müde wieder im Ort an.
Nach einigen Tagen auf Reede, letzten Einkäufen und nochmals die Wäsche zum waschen gebracht, liefen wir am 16. 5 am frühen Nachmittag aus. Vor uns lagen knapp 3.000 sm zu den Marquesas. Wir entschlossen uns, die südwestlichste der Inseln anzulaufen, da ein späterer Besuch einen Umweg hoch am Wind bedeuten würde.
Wir befanden uns wieder in einer Gruppe von ca 8 deutschsprachigen Yachten, die diesmal innerhalb von 3 Tagen aus Isabela ausgelaufen waren. Wir hatten in der Regel 3 mal täglich Funkkontakt, abends fand dann die Runde mit Günther von Contadora statt.
So vergingen die Tage, anfangs hatten wir 1 bis 2 Flautentage, wir motorten auch einen Tag. Dann waren wir weit genug südlich, um einigermaßen konstanten Wind zu finden. Je weiter wir nach Westen kamen, desto östlicher wurde der Passat und die lezten 10 Tage eilten wir unter Passatsegeln dem Ziel entgegen.
Auf San Cristobal erhielten wir auch ein paar Tips zum Angeln. Und wir hatten Erfolg! Zunächst fingen wir einen großen Bonito (70 cm lang). Wir ernteten ca die Hälfte der vorhandenen Filets und hatten damit 6 Mahlzeiten. Einen Tag vor Fatu Hiva hat Wolfgang dann nochmal geangelt. Nach 3 Stunden hatten wir einen kleinen Bonito, der für 2 Tage reichte.
Wir waren über Funk zum Landfall in Fatu Hiva angekündigt, so daß unsere „Mitsegler“ Ausschau hielten und uns über UKW begrüßten und uns trotz Dunkelheit mit 2 Dinghis entgegen kamen und uns zu einem Ankerplatz geleiteten. Die Ankerbucht ist einfach anzulaufen, hat jedoch in den flachen Bereichen schlecht haltenden Ankergrund. Wir ankerten weit draußen, hatten wegen des Felsgrunds den Stockanker genommen und etwa 110 m Leine gesteckt. Der Anker hielt auf Anhieb. Auch bei heftigen Fallböen mit bis zu 9 Bft hielt der Anker. Das war nicht bei allen Yachten so. Ernsthafte Schäden hat es aber nicht gegeben.
Das Tal, das sich der Bucht anschließt, ist von spektakulären Felsformationen eingerahmt, es ist alles unglaublich grün und überall wächst und blüht es. Allerding hängen meistens Wolken über dem Tal und es vergeht kein Tag ohne Regenschauer. Die Menschen sind sehr freundlich, aber sie wollen zum Beispiel kein Obst und Gemüse verkaufen. Angesagt ist Tauschhandel! T-Shirts, Parfum, Nagellack und Bonbon sind die Favoriten. Zur Not tut es dann auch mal eine Leine. Im einzigen Laden gibt es kein Obst und Gemüse, mit Versorgungsschiffen kommen Kartoffeln, Zwiebeln und Eier. 12 Eier für 6 US$ konnten wir erstehen. Französisch Polynesien geht der Ruf voraus, sehr teuer zu sein. Wenn das so bleibt wie mit den Eiern, dann ist sehr teuer noch geschmeichelt. Es blieb so teuer!
Der Ort hat eine Bäckerei. Eine kleine Holzhütte mit einem Steinofen, einem Trog zur Zubereitung des Teiges und einem Tisch, das ist alles. Es gab eine Sorte Weißbrot, die aber sehr lecker schmeckte, das am Tag zuvor bestellt werden mußte. Einen Tag gab es kein Brot, denn das Mehl war ausgegangen. Der Ort hat keine Wäscherei. Ich wusch also selbst. Mit der gewaschenen Wäsche fuhr ich dann an Land, um sie unter einem Wasserhahn zu spülen. In Papeete gab es wieder eine Maschinenwaschmöglichkeit. (Nuku Hiva bot dies auch, aber lange Fristen).
Eines Tages kam mit einem Versorgungsschiff für 2 Stunden eine Touristengruppe. Ihnen wurde ein kurzes Programm geboten – Info über die vielfältige Nutzungsmöglichkeit von Cocosnüssen und ein paar Tänze, von jungen Mädchen vorgeführt. Für 6 Bootsmannschaften heuerten wir einen Pickup an, mit dem wir über Land in das südlicher gelegene Omoa (17 km entfernt ) fuhren. Die Straße und das Panorama waren atemberaubend.
Seit Fatu Hiva (Marquesas) haben wir die weiteren Marquesas-Inseln Tahuata, Hiva Oa und Nuku Hiva besucht. Von Nuku Hiva sind wir rund 450 sm in den Archipel der Tuamotus nach Raroia gesegelt, von dort direkt ca 400 sm nach Papeete, wo wir am 10. Juli eintrafen.
Bisher habe ich nichts über die Tierwelt im Wasser berichtet. Nach Verlassen der Galapagos sahen wir etliche große Haie in der Näher der Stella, auch Wale hielten sich dort auf, sie kamen aber nicht sehr dicht an das Boot. Unterwegs haben wir dann noch Delphine und Wale gesehen, ein Wal passierte die Stella sehr dicht. Je weiter wir nach Wetsne kamen, um so mehr Wale konnte wir sehen. Leider waren sie alle nicht photogen. Kurz nach Verlassen der Galapagos begegnete uns eine Gruppe großer Rochen, die Ihre Köpfe gelegentlich aus dem Wasser steckten. Auf den weiteren Etappen und vor allem auch in den Ankerbuchten schwammen häufig große Rochen (Spannweite über 2 m) um das Boot, gelegentlich steckte eine Schildkröte ihr Köpfchen aus dem Wasser. Schwärme von kleinen Fischen bewegten die Wasseroberfläche und sofort waren Vögel dort (Fregattvögel, Tölpel und Seeschwalben), die versuchten, eine Mahlzeit zu erhaschen. Die großen Rochen, die in die Ankerbuchten kamen, durchschwammen das Wasser sehr regelmäßig in Schleifen, etwa so, wie die Heizschlangen von Fußbodenheizungen verlegt werden. In der Lagune von Raroia kamen noch kleine Riffhaie dazu. Sie waren neugierig aber nicht angriffslustig. Am Ufersaum versteckten sich auch reichlich Moränen. –
Die Inseln der Marquesas gleichen sich alle. Außer der gleichen Landschaft haben alle Marquesas-Inseln außer Fatu Hiva auch die schrecklichen Nonos gemeinsam. Das sind kleine Beißfliegen, deren Bisse sich in der Regel entzünden und tiefe eitrige Wunden verursachen. Wir haben zum Glück keine getroffen oder waren ausreichend eingeschmiert.
Die Tuamotus haben einen völlig anderen Charakter. Erdgeschichtlich handelt es sich um durch Erosion abgetragene Vulkane, an deren Rändern sich Korallenriffe gebildet haben. Auf den Riffen sitzen heute kleine Sandinseln (Motus), die mit Kokospalmen bepflanzt oder bewachsen sind. Auch andere buschartige Bäume stehen darauf. Zwischen den einzelnen Motus fließt zumindest bei Flut Wasser in die Lagune. Die meisten Atolle haben Passagen in den Riffen, durch die man in die Lagune einlaufen kann. Die Lagunen selbst haben ausreichend Wassertiefe (Raroia durchschnittlich 10 bis 20 m), sind aber übersät von kleinen Riffen und Korallenköpfen. Seekarten gibt es nicht. Man fährt bei Tag, möglichst mit der Sonne im Rücken, dann kann man alle Flachs sehr gut erkennen.
In den Passagen im Riff steht in der Regel starke Strömung. Die beste Zeit soll etwa eine Stunde nach Niedrigwasser sein. Wir hatten zu dieser Zeit ca 5 Knoten Gegenstrom beim Einlaufen. Als wir die Lagune verließen, (ca 2 Stunden vor Hochwasser) hatten wir wieder Gegenstrom, aber nur etwa 2 Knoten.
Die Motus von Raroia sind stark bevölkert von Einsiedlerkrebsen, die tags an Land rumlaufen. Abends kamen viele von Ihnen an unser Lagerfeuer, an dem wir mit 4 Schiffsmannschaften eine Potluck-Partie veranstaltet haben. Bevor sie sich die Füßchen verbrannten, haben wir sie wieder vom Feuer weggetragen. Die gleiche Beschäftigung hielt uns ein paar Tage später beim Sundowner und gemeinsamer Müllverbrennung in Atem. Ein Versuch von Wolfgang mit den männlichen Besatzungsmitgliedern von 2 weiteren Yachten bei einbrechender Dunkelheit gummistiefelbewährt auf dem Außenriff Hummer fangen zu gehen, war nicht von Erfolg gekrönt. Es wurden zwar einige Hummer gesehen, aber keine erwischt. Die Mühe, die Gummistiefel aus der hintersten Ecke hervorzukramen, hat nichts eingebracht.
Auf den Tuamotus gibt es eine spezielle Sorte Muscheln, die fast schwarze Perlen (Tahiti-Perlen) produzieren. In den meisten Lagunen werden heute Perlen gezüchtet. Das ist die eine Lebensgrundlage der Bewohner. Das andere Standbein ist die Kobraproduktion. Kobra ist das getrocknete Kokosnußfleisch. Die Gewinnung ist sehr arbeitsintensiv und bringt wenig ein, da die Preise stark verfallen sind. Auf einigen Atollen oder Motus gibt es Siedlungen, die nur zur Kokosnußernte besiedelt werden. Die Atolle haben nur wenige Einwohner, die Kinder gehen daher auf einem größeren Atoll in eine zentrale Schule.
Ursprünglich wollten wir noch ein weiteres Atoll besuchen, aber wir wären erst kurz nach Dunkelheit dort angekommen, d.h. wir hätten etwa 9 Stunden beidrehen müssen, um bei Tageslicht das Riff zu passieren. Der Versuch, ein näher liegendes Atoll anzulaufen, wurde vom Wetterwechsel vereitelt. Wir hatten plötzlich Nordwestwind und damit den Wind genau von vorn. Wir drehten ab und wollten auf dem kürzesten Weg das wegen unberechenbarer Strömungen ein bischen unsichere Gebiet des Archipels verlassen, als nach drei Stunden der Wind auf Südwest drehte und damit wieder von vorn kam. Aber schließlich erreichten wir bei Flaute und 24 Stunden Motorfahrt am 10. Juli 2002 Papeete.
Seit Panama hatten wir in 3,5 Monaten etwa 4.800 sm zurückgelegt.
Von den Maquesas bis Noumea (Neukaledonien, etwa 800 sm östlich von Australien) bewegten wir uns immer zwischen 10° S und 23° S. Erst auf der Fahrt nach Brisbane verliessen wir den Tropengürtel. Man sollte meinen, daß wir auf der ganzen Reise von einem gemütlichen Süd-Ost-Passat begleitet worden wären. Aber so ist das nicht im Pazifik. Schon im östlichen Pazifik war der Passat unsteter und öfter von Fronten unterbrochen als der Nord-Ost-Passat im Atlantik. Fronten aus dem südlichen Pazifik dringen bis in die Passatzone vor. Wir haben den Eindruck gewonnen, daß, je weiter man nach Westen kommt, desto veränderlicher das Wetter wird. Immer mal wieder bildeten sich Fronten, die zu stark böigem Wetter und vor allem zu total bedecktem Himmel führten. Oder es kamen Fronten von Südmeertiefs weit nach Norden, die Wind und auch mal Regen brachten. Über Australien und der Tasman-See bilden sich regelmäßig Hochdruckgebiete, die viel Wind bringen können, wenn die Isobaren dicht beieindaner liegen. Alle Druckgebiete ziehen in der Regel etwa von Südwest nach Nordost, gegen den Passat. Sie werden vor allem von der weiter südlich gelegenen Westwinddrifft in den brüllenden 40gern angetrieben. Je nach Standort des Schiffes zu dem Verlauf der Isobaren sind Winde von Ost, Nordost, Nordwest, West und Südwest bis Süd neben dem klassischen Südostpassat möglich und durchaus häufig. Oft findet man an der Baragraphen – Kurve keinen Hinweis auf eine Wetteränderung. So heißt es immer wieder warten, bis sich eine günstige Wetterlage für eine längere Passage eingestellt hat. Dann bildet sich jedoch völlig unerwartet eine neue Front und schon ist alles anders als erhofft. Die häufige tagelange Bewölkung des Himmels ist heute mit GPS an Bord (und esgibt kaum eine Yacht, die nur ein GPS hat) kein Problem mehr, aber als noch der Sextant die einzige Möglichkeit zur Ortsbestimmung bot, muß es häufiger zu schwierigen Situationen gekommen sein, weil auch immer wieder unvorhersagbare Strömungen auftreten.
Nun ja, im großen und ganzen ist das Wetter aber brauchbar und vor allem gemütlich warm, wenn wir auch schon gelegentlich im Scherz geklagt haben, weil die Temperaturen z.B. in Fiji abends und nachts auf 21 ° absanken, wir uns nachts zudecken mußten und abends auch ein leichtes Jäckchen überzuziehen war. Gleiches Ungemach ereilte uns in Noumea. Aber meistens wurde es nach ein oder zwei Tagen wieder wärmer.
In Papeete ging es uns auf der Reede sehr gut. Wir lagen gut geschützt hinter einem Riff in einem südlichen Vorort und blickten auf die Insel Moorea, bei der abends malerisch die Sonne unterging. Wir hatten teilweise kräftigen Schwell aus SW oder der Wind brieste für einige Stunden auf 7 bis 8 Bft auf, dann standen auf dem Riff kräftige Brecher. Bei dem harten Wind hielten nicht alle Anker.
Papeete ist eine richtige Stadt, in der fast alles zu bekommen ist, auch mal wieder etwas Kultur. Der Nahverkehr wird mit LKW-Bussen abgewickelt, d.h. auf LKW-Chassies sind Holzkästen montiert, die mit Fenstern und Holzbänken ausgestattet sind. Man zahlt beim Aussteigen beim Fahrer, der vorne in der Fahrerkabine sitzt. Die Fenster sind fast immer offen, eine Tür haben diese Fahrzeuge nicht.
Die Flugzeuge, die Papeete regelmäßig anfliegen, sind jedoch ganz normal. Eines davon fliegt zweimal wöchentlich zur Osterinsel und die Mannschaft von einer anderen Yacht brachte uns auf die Idee, mit einem davon einmal mitzufliegen.
In meinem Kopf befand sich ein Samelsurium von Erinnerungen über die Besonderheiten dieser Insel, über das Rätsel der großen Steinfiguren, deren Zerstörungen (bestimmt von den bösen europäischen Missionaren betrieben) und über die Besiedlungsgeschichte, vor allem durch Thor Heyerdahls Experiment geprägt. Das Studium des in Papeete erworbenen Reiseführers brachte dann schon erste Klarheiten und auf der Osterinsel selbst malte der Guide unserer kleinen Gruppe von 5 oder 6 Personen dann ein völlig neues Bild in meinen Kopf. Die Osterinsel ist von den Marquesas aus etwa um 800 nach Christus besiedelt worden. Im gesamten polynesischen Kulturkreis stellt der Ahnenkult einen wichtigen Bestandteil des religiösen Lebens dar. Auf der Osterinsel führte dies zu dem sonderbaren Kult mit den großen Steinfiguren. Sie sind keine Götterbildnisse, sondern Mahnmale für Verstorbene eines Clans. Die ersten Figuren waren etwa 80 cm bis 1 m hoch, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wuchsen die Figuren und hatten in der Endphase die stolze Größe von zehn Metern erreicht (unvollendete im Steinbruch zu sehende Figuren erreichen ca 20 m). Insgesamt waren etwa 300 Figuren errichtet worden, 500 weitere sind unvollendet im Steinbruch oder auf dem Weg zur Errichtungsstelle (teilweise, weil zerbrochen) liegen geblieben. Nur aufgerichtete Figuren erhielten Augen (aus weißer Koralle mit dunkler Pupille, womit ihnen „Seele“ und „Leben“ verliehen wurde.
Als die Europäer kamen, stand keine der Figuren mehr! Man geht heute davon aus, daß es im 16. oder 17. Jahrhundert (möglicherweise wegen Übervölkerung) zu Bürgerkriegen zwischen den Clans kam, die zur Zerstörung aller Steinfiguren führten. Die Kultur und Mytholgie ist dann allerdings gründlich von den Missionaren und den Sklavenjägern (fast die ganze männliche Bevölkerung ist im 19. Jahrhundert als Arbeiter in die Siberminen Perus entführt worden) zerstört worden. Durch diesen Aderlaß ist auch das Wissen um „Schriftzeichen“ auf zahlreichen Holztafeln verlorengegangen. Die Holztafeln sind fast völlig von den Missionaren zerstört worden, die verbliebenen Reste sind bis heute nicht entziffert.
Mein Bericht wird schon wieder viel zu lang, aber noch ein Wort zu den „Häfen“ der Osterinsel. An der Westküste gibt es in der Hauptstadt 2 kleine Häfen, die aber nur von lokalen kleinen Booten angelaufen werden können. Der Versorgungs-Frachter ankern draußen, der Warenverkehr wird mit kleinen Booten abgewickelt. Segelboote müssen natürlich auch draußen ankern. In jeweils Luv der Insel entsteht sehr schnell hoher Seegang, so daß dort ein Ankern nicht möglich ist. Da die Winde unstet sind, muß eigentlich immer eine Mannschaft an Bord bleiben, die das Schiff zur jeweiligen Leeseite verholen kann. Auch in Lee der Insel lief in der Zeit in der wir dort waren, immer eine hohe Dünung auf die Küste zu, so daß eine Landung mit dem Dinghi uns äußert abenteurlich erschienen wäre. Trotzdem wird die Osterinsel wohl jedes Jahr von einigen Yachten angelaufen. Eine italienische Yacht ist auf den Klippen im Süden gestrandet, als der Skipper nicht an Bord war. Wir fanden den Ausflug sehr interessant, waren aber froh, das Flugzeug genommen zu haben.
In Papeete haben wir ganze 4 Wochen zugebracht und haben den Luxus von ein wenig Zivilisation genossen. Danach ging es über Moorea, Raiatea, Bora Bora nach Maupiti, unserer letzten der Gesellschaftsinseln. Sie alle bieten wunderbar klares Wasser, herrliche Schnorchel- und Tauchreviere, viel weißen Strand und Palmen, also Südseeromantik pur. Maupiti ist eine der kleinsten Inseln, mit wenig Tourismus. Die Einfahrt durch das Riff ist schmal, fast immer steht ein kräftiger Strom aus der Einfahrt, so daß, wenn Wind oder Dünung gegen den auslaufenden Strom stehen, sich heftige Brecher auch in der schmalen Riffdurchfahrt aufbauen. Wir waren morgens in Bora-Bora bei ruhigem Wetter ausgelaufen und rechneten mit einer friedlichen Einfahrt nach Maupiti. Draußen stand dann schon mal eine größere als erwartete Dünung und etwa 2 Stunden vor Erreichen der Riffdurchfahrt briste es auf ca 5 bis 6 Bft auf. Dünung und Windsee standen jeweils schräg auf die Riffdurchfahrt. Bei dem Wind hatten wir auch keine Lust weiterzusegeln, also zogen wir Ölzeug an, verschlossen Luken und Nierdergang und nahmen Kurs auf die Riffeinfahrt. Wolfgang fuhr bis kurz vor dem Riff seitlich vom auslaufenden Strom und fädelte sich erst ganz zum Schluß in die Zufahrt zur Riffpassage ein. Ohne einen Tropfen Wasser ins Cockpit bekommen zu haben, erreichten wir das ruhige Wasser der Lagune. Eine mit uns einlaufende niederländische Yacht wurde unkonzentriert gefahren und hatte weder Luken noch Niedergang verschlossen. 2 Brecher überfluteten das Cockpit, obwohl das Achterschiff durch Achterkajüte sehr hoch war und hinten quer noch ein Dinghi hochkant stand.
Am nächsten Tag verließen wir die friedliche Lagune am Nachmittag und nahmen Kurs auf Suvarov, das wir nach 7 Tagen auf See erreichten. Unterwegs teilte uns eine schweizer Yacht, die zu unserer Funkrunde gehörte, und unseren Kurs mitgekoppelt hatte über Funk mit, daß genau 32 sm vor uns auf dem Kurs nach Suvarov ein neues Riff liege. Ein Jahr zuvor waren die Informationen über neue Riffe (teils neu entdeckt, teils wohl auch durch Vulkanismus neu entstanden) im Internet veröffentlicht worden. Wir fügten einen neuen Wegepunkt südlich des Riffs in unsere GPS-Route ein, und kamen sicher in Suvarov an.
Suvarov ist ein Atoll mit ca 4,5 sm Durchmesser, ist ein Naturschutzgebiet und wird in diesem Jahr von Februar bis November nur von dem Ranger John bewohnt. John ist Anfang siebzig, ein außergewöhnlich lieber und sportlicher Mensch. Zunächst muß John aber von jeder ankommenden Yacht 50 US$ Einklarierungsgebühren für die Cook-Islands kassieren. John meint, daß sein Staat den Seglern viel zu viel Geld abkassiert (wir meinen das auch) und versucht dies auf seine Art gut zu machen. Unter Seglern kursiert das Gerücht, auf Suvarov dürfe man nur vor der Hauptinsel ankern, alle anderen Motus dürften nicht betreten werden und insgesamt sei der Aufenthalt auf nur 4 Tage begrenzt.
Als wir ankamen, wurden wir von den dort bereits ankernden Yachties unverzüglich unterrichtet, daß es abends um 7.00 Uhr bei John Dinner geben würde. John würde für Fisch und Früchte des Meeres sorgen, die Yachties für Getränke und Beilagen. Abends genossen wir das Dinner, zu dem John auch noch Kokosnuswasser in unbegrenzter Menge als Getränk beisteuerte. Es gab Fisch und Muscheln. Für den nächsten Tag engagierte John wieder Helfer zur Beschaffung der Zutaten fürs nächste Dinner. Neben Fisch und Muscheln standen auch Kokoskrabben auf dem Speiseplan. Einer der einhand segelnden Amerikaner sagte uns, das er trotz der 50 US$ nirgends so billig gelebt hätte, denn er sei nun schon seit 4 Wochen da, und jeden Abend gäbe es ein köstliches Dinner. Alle Motus konnten bei John mit Dinghi oder auch ganz per Schiff besucht werden, mit Ausnahme einer Insel in der Lagune, auf der viele Vögel brüten.
Für uns hatte es sich mit den 2 gemütlichen Abendessen, denn am nächsten Morgen drehte der Wind, wir lagen alle auf Legerwall, es briste auf und wir hatten nach kurzer Zeit einen kurzen, etwa 1 m hohen Seegang, der das Schiff besorgniserregend in die Ankerkette rucken ließ. Wir konnten nicht so früh wie beabsichtigt nach Luv verholen, weil die Ankerkette des niederländischen Einhandseglers, mit dem wir nach Suvarov gesegelt waren, kurz nach Einsetzen des Seegangs gebrochen war. Wolfgang beteiligte sich an dem Versuch, den Anker zu bergen. Schließlich mußte das Manöver abgebrochen werden. Der Anker ist dann nach Abflauen und Rückdrehen des Windes geborgen worden. Als wir dann schließlich Anker auf gingen, schossen mehrmals etwa 40 cm hohe Wellen über das Vorschiff und durchnäßten Wolfgang, der dort den Anker hochnahm, völlig. Danach motorten wir die 4,5 sm über die Lagune nach Luv und ankerten in frischem Wind und ruhigem Wasser hinter dem Riff. 2 Tage mußten wir dort bleiben, bis wir zu John zurückkehren konnten. Wir verließen dann nach Bergung des verlorenen Ankers am gleichen Tag mit großem Bedauern das schöne Suvarov.Unsere Flotte verabschiedete sich von John mit Wehmut und Tuterei, John schlug die polynesische Holztrommel. Nach 4 Tagen erreichten wir Apia auf Upolu, die Hauptstadt von Samoa (früher West Samoa).Es war jetzt Ende August.
Apia ist eine gemütliche Kleinstadt, und wir hatten das Glück, genau zur großen Festwoche angekommen zu sein. Wir konnten bei mehreren Wettbewerben kostenlos zusehen (Chorwettbewerb, klassische Tänze, Blechmusikkapellen, Feuertänzer) und den Regatten mit Booten. Spektakulär unter den Bootsregatten war das Rennen der „Tausendfüßler“. Hierbei handelt es sich um Ruderboote, die mit etwa 40 bis 50 Ruderern besetzt sind. Vorn und achtern sitzen einige Ruderer allein in einer Reihe, bis das Boot breit genug für Doppelreihen ist. Ganz vorn im Bug sitzt ein Trommler, der den Takt angibt, achtern ein Steuermann. Die Regatta selbst fand am letzten Tag der Festwoche statt, aber vorher wurde von den verschiedenen Booten täglich trainiert. Schon morgens um 6 Uhr wurden wir von den ersten Trommeln geweckt, gegen sieben Uhr kehrte dann wieder Ruhe auf der Reede ein. Abends wurde ein zweites Mal trainiert. 14 Teams nahmen an dem 6 sm langen Rennen teil, gewonnen hat schließlich ein Team von einer kleinen Nachbarinsel, 2. Sieger aber wurde das Team der Polizei von Apia. Diese Art Boote, die keinen Ausleger haben und mit Riemen und nicht mit Stechpaddeln betrieben werden, sind früher als Kampfschiffe in den kriegerischen Auseinandersetzungen der Stämme eingesetzt worden.
Die Gesang- und Tanzveranstaltungen waren leicht provinziell und sehr brav (ein bischen Mädchenpensionat), ohne so gekonnte Choreographie wie in Papeete. Die Blasmusikkapellen (Teil des deutschen Erbes?, wie der Tala als Währung) spielten brav einen Pflichtteil und boten danach eine sehr gekonnte Kür mit allerlei spaßigen Einlagen. Außerdem marschiert jeden Morgen eine Abordnung der Polizei mit deutsch-österreichischer Marschmusik durch die Stadt, um vor den Regierungsgebäuden die Flaggen zu hissen.
Eine Busrundfahrt um Upolu herum zeigte uns etwas von Land und Leuten. In Samoa begegneten uns zum ersten mal Männer in Röcken, die auch als Uniform von Polizei und Feuerwehr getragen werden. Wir haben uns schnell an den Anblick gewöhnt und halten das Kleidungsstück für sehr angenehm bei dem warmen Klima. Auf der Rundfahrt stellten wir fest, daß mindestens noch 50 % der Samoaner auf dem Lande in den traditionellen Fales wohnen, das sind Dächer, die von Säulen getragen werden und ansonsten zu allen Seiten offen sind. Es gilt als unfein, in Fales hineinzusehen, auf jeden Fall sollte man wohl nicht photografieren. In Apia selbst haben wir ziemlich im Zentrum noch einen bewohntes Fale angetroffen. Diese „Wohnungen“ sind in Schlaf-, Wohn- und Kochbereiche unterteilt, manchmal sind einzelne Teilbereiche mit Plastikplanen gegen die Sonne zugehängt.
Erst am 9. September segelten wir weiter, zunächst mit dem Ziel Fiji, beschlossen dann aber, einen kleinen Umweg zu segeln, um noch die Tonga-Insel Niuatoputapu anzulaufen. Diese Insel ist eine der nördlichsten Tonga-Inseln, weit abgelegen von allen Touristenströmen, ca 40 Yachten klarieren hier jährlich ein. Wir erhielten von 4 Beamten (Zoll, Einwanderung, Gesundheit und Landwirtschaft) Besuch. Eigentlich hätten wir alles frische Obst und Gemüse zur Vernichtung abgeben müssen, aber eine eindringliche Ermahnung, nichts davon an Land zu bringen, erlaubte es uns, die Sachen zu behalten. So verlief das Einklarieren dann auch in Fiji und Vanuatu, während in Noumea alle frischen Sachen, die wir nicht unverzüglich schälen und entkernen konnten oder wollten, der Vernichtung anheim fielen.
Tonga liegt zwar noch auf westlicher Länge, aber irgend wann haben die Politiker beschlossen, am Anfang und nicht am Ende eines Tages zu stehen. Mit Ankunft auf Niuatoputapu hatten wir die Datumsgrenze überschritten und uns war der 10. September abhanden gekommen. Anfangs war das etwas verwirrend für uns, aber inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, uns jenseits der Datumsgrenze auf östlicher Länge zu bewegen.
Niuatoputapu ist eine arme Region, die Familien leben von der Landwirtschaft, verarbeiten viel Pandanus zu Matten und anderen Gegenständen und leben u.a. von Geldüberweisungen ausgewanderter Familienmitglieder, da reine Subsistenzwirtschaft zum Lebensunterhalt nicht mehr reichen. Die Menschen sind sehr freundlich.
Von Niuatoputapu ging es dann Richtung Fiji. Kurz nach dem Auslaufen begegneten wir nochmals großen Walen, von denen wir im Westpazifik ohnehin mehr als im Osten gesehen haben. Obwohl wir auf ein „gutes“ Wetterfenster 2 Tage gewartet hatten, ereilte uns kurz nach dem Auslaufen mal wieder eine neugebildete stationäre Front, die uns bis Fiji Starkwind von achtern brachte. Um bei dem harten Wetter nicht zwei Vorsegel ausbaumen zu müssen, sind wir vor dem Wind gekreuzt. Eines Nachts fiel dann die Windselbststeueranlage aus. Wir drehten bei, um nicht im Dunkeln auf Fehlersuche gehen zu müssen. Bei Sonnenaufgang stellte sich dann heraus, daß sich nur eine Umlenkrolle für das Steuerseil gelöst hatte. Sie war schnell wieder angebracht und weiter ging die Fahrt.
Mit Erreichen von Fiji hatten wir Polynesien hinter uns gelassen und waren in Melanesien angekommen. Die Melanesier sind ein ganz anderer Menschentyp als die Polynesier. Letztere haben glatte Haare, einen zierlichen Körperbau und südostasiatische Gesichtszüge. Die Melanesier dagegen sind größer und kräftig gebaut, haben schwarze krause Haare auf dem Kopf und aus meiner Sicht fast negroide Gesichtszüge (breite Nase und recht volle Lippen).
In Fiji besuchten wir Vanua Levu und und Viti Levu. Auf Vanua Levu führte uns eine Busfahrt quer über die Insel und ließ uns den großen Einfluß des fast 50 % erreichenden Bevölkerungsanteil der Inder auf die Wirtschaft erkennen. Fast das ganze Geschäftsleben ist in indischer Hand. Während der Kolonialzeit sind die Einwohner zunächst als Arbeiter bei Abholzung der Sandelholzbestände ausgebeutet worden. Als der Bestand fast völlig erschöpft war, entdeckte man in den Küstengewässern reiche Bestände an Seegurken, die in Südostasien als Delikatesse gelten. Als auch diese Ressourcen erschöpft waren, verfielen die Kolonialherren auf den Anbau von Zuckerrohr. Die örtlichen Häuptlinge erreichten, daß die Einwohner nicht als Arbeiter in den Zuckerrohrplantagen eingesetzt werden durften, um sie vor Ausbeutung zu schützen. Statt dessen wurden indische Arbeiter mit 5-Jahresverträgen ins Land geholt. Die meisten blieben nach Ablauf der Verträge und bilden nun fast die Hälfte der der Bevölkerung. Die vorwiegend schlanken, gepflegt erscheinenden und geschäftlich aktiven Inder bilden einen starken Kontrast zu den großen, kräftigen und unbeholfen wirkenden Melanesiern.
Das nächste Ziel war Port Vila auf Efate (Vanuatu, ehemals Neue Hebriden). Port Vila ist zur Kolonialzeit als Kondominium von Franzosen und Engländern gleichzeitig verwaltet worden. Es gab keine räumliche Abgrenzug zwischen den Bevölkerungsgruppen, sondern es gab einfach 2 Verwaltungen, und in Abhängigkeit der Nationalität der Einwohner galt entweder das französische oder das britische Recht. Einheitlich war der Rechtsverkehr, durchgesetzt hat sich jetzt als erste Fremdsprache das Englische, obwohl noch viele Speisekarten in Restaurants in französisch sind. Port Vila ist eine lebendige und ordentliche Kleinstadt, auf Efate gibt es viel Tourismus. Eine Busrundfahrt und ein Erdofenessen in einem Dorf nahe Port Vila zeigten uns ein bischen vom Land. Außerhalb von Port Vila ist fast keine weitere Infrastuktur.
Letzte Station vor Australien sollte Noumea (Neu Kaledonien) sein, ein Überseestaat Frankreichs. Der Segeltörn dorthin war wieder auf ein Wetterfenster angewiesen, denn vor uns lagen gut 200 sm rein Süd, die bei einem heftigen Südost nicht so angenehm gewesen wären. Wir warteten also auf eine Winddreheung nach Ost. Allerdings blieben uns längere Passagen hoch am Wind nicht erpart, jedoch konnten wir einen Kreuzschlag vermeiden.
In Neu Kalodien erwartete uns eine Überraschung. Neu Kaledonien ist wie auch Neuseeland keine Insel rein vulkanischen Ursprungs. Es ist ein Teil des alten Erdteils, aus dem auch Australien gebildet wurde, irgend wann von Australien abgebrochen und aufgrund der Plattentektonik dann nach Osten gedriftet. Aufgrund der geologischen Entwicklung ist Neu Kaledonien reich an Bodenschätzen. Im Tagebau wird Eisenerz und vor allem Nickel abgebaut. Die Erze enthalten auch viele andere wertvolle Bestandteile wie Molybdän, Wolfram und Mangan.
Der Süden der Insel, den wir durch eine Busrundfahrt kennengelernt haben, ist geprägt von roter Erde mit einer Trockenvegetation. Wir fühlten uns wie in den Subtropen. Allerdings zeigte die Ostküste dann wieder einen tropischen Charakter.
Um nicht gegen einen Südwest nach Australien kreuzen zu müssen, warteten wir in Noumea auf ein Wetterfenster. Als es dann soweit war, klarierten 20 Yachten aus, von denen 12 Yachten nach Brisbne strebten. Wir hatten mal wieder ein Kurzwellentreffen auf einer Frequenz verabredet und schnackten 3 mal Tag miteinander. Die ersten Tage waren von ausgeprägter Flaute geprägt. Nach einer kurzen Segelperiode und erneuter Flaute sprang unser Motor, der liebe Gottlieb, nicht mehr an. Wir dümpelten für viele Stunden auf der Stelle. Als es dann hell wurde, entschloß sich Wolfgang zur Reparatur. Er vermutete verbrauchte Einspritzdüsen als Ursache. Ersatz war an Bord, dann fehlte uns ein wichtiges Werkzeug. Eine Anfrage bei einer südafrikanischen Yacht, die zufällig in Sichtweite bei uns war, ergab, daß das richtige Werkzeug dort vorhanden war. Nach kurzer Zeit hatten wir das begehrte Teil und nach 5 Stunden schnurrte der Motor wieder. Dann wurde der Kraftstoff knapp. Wolfgang kippte unser Benzin für den Außenborder und einen Petroleumvorrat in den Tank. Doch dann kam Wind und uns waren noch 30 l Brennstoff im Tank verblieben, als wir in Scarborough, dem Einklarierungshafen von Brisbane, fest machten.
Die Einklarierung, speziell in Scarborough lag uns heftig auf dem Magen, denn der australische Zoll und besonders die Quarantäne-Leute in Scarborough haben den Ruf, sehr streng zu sein. Die Broschüren, die uns ausgehändigt worden waren, sahen viele unerlaubte Lebensmittel vor und fast alles übrige sollte deklariert werden. Das Verbleiben der deklarierungspflichtigen Waren war einer Besichtigung vorbehalten.
Also erstellten wir eine umfangreiche Inventur. Aber dann kam alles anders. Pauschal waren Warengruppen zu deklarieren. 2 verbliebene Kartoffeln und einige Zwiebeln mußten abgeliefert werden, einige Waren, vor allem Teigwaren, Mehl und Reis wurden besichtigt und konfisziert, wenn einige kleine Insekten entdeckt wurden. Uns waren die bisher entgangen. Die meisten Teigwaren, alles Brotbackmehl und aller Reis sowie alle übrigen Bestände an Waren sind uns verblieben. Es ging alles ganz leicht und freundlich. Staub- und Bilgenwasserproben, wie auf anderen Schiffen genommen, blieben uns auch erspart.
Einige erste Ausflüge an Land haben uns gezeigt, daß wir wieder in der ersten Welt angekommen sind.
Nun zu unseren weiteren Plänen. Der Pazifik hat uns so gut gefallen, daß wir dort noch ein Jahr bleiben wollen
. Samoa, Tonga, Fiji, Vanuatu und Neukaledonien wollen wir nochmals erkunden und diesmal nicht nur die Hauptstädte.
Ingeborg Voß und Wolfgang Dinse